Grand Prix der Volksmusik:
Lieder, die von Herzen kommen
Die Scham, sagt Hans R. Beierlein, habe er seinen Künstlern ständig und immer wieder ausreden müssen, speziell jenen, die unter dem Label Volksmusikant segelten. „Sobald ein Journalist eine kritische Frage stellte, haben sie sich fast dafür entschuldigt, diese Art von Musik zu machen. Immer wieder habe ich mit ihnen selbstbewusste Gegenfragen einstudiert: „Was haben Sie gegen schöne Landschaften, gegen Werte wie Liebe, Treue, Heimatverbundenheit?“ So ernst und bedeutungsvoll, wie er dabei blickt, muss man ihm das Glaubensbekenntnis abnehmen.
Seit den frühen 80ern hat sich Hans R. Beierlein verstärkt um einschlägige Titel und Künstler bemüht. Der Mann, der Showstars, Chansonniers, Fußballer und Spitzenköche erfolgreich vermarktete, erkannte „ein brachliegendes Potential, um das sich niemand so richtig kümmerte“. Kritiker ausgenommen, die sich vor allem am eher historischen Begriff „Volksmusik“ störten und bei neuen Liedern von „volkstümlicher Musik“ reden mochten. Beierlein ignoriert solche Feinheiten: „Volksmusik ist Musik für das Volk. Sie geht unter Vermeidung anderer Körperteile direkt ins Herz. Wenn es keine Volksmusik gäbe, was wäre dann mit Karneval, Oktoberfest, Schützenfesten, Weinfesten?“
Um die Volksmusik vom Negativ-Image zu befreien, das sie durch mäßig talentierte Interpreten und Autoren erlangt hatte, ersann Beierlein 1986 einen internationalen Wettbewerb. Einen Wettbewerb, der zugleich die Chance bot, neue Talente zu orten. Da die einschlägigen Titel vor allem in Gegenden mit hohen Bergen beliebt waren, sollten Deutschland, Österreich und die Schweiz mit von der Partie sein – beim „Grand Prix der Volksmusik“.
Leicht war es nicht, das Konzept bei ORF, ZDF und SFR unterzubringen, obwohl Beierlein gleich eine hochoffizielle Jury als Gastgeschenk einbrachte: Unter seiner Mithilfe entstand die „Arbeitsgemeinschaft zur Förderung musikalischer Unterhaltung“. Sie wählte die 12 bis 16 Titel aus, die seit 1986 einmal jährlich dem werten TV-Zuschauer zwecks Volksabstimmung vorgetragen wurden.
Zur Premiere des „Grand Prix der Volksmusik“ in Wien trat 1986 siegesbewusst die einschlägige deutsche Spitzengarde an. Sie erlebte ihr Waterloo: Maria Hellwig landete auf dem letzten Platz, Heino auf dem vorletzten, Marianne & Michael auch nicht in der Spitzengruppe. Es siegte die Tessinerin Nella Martinetti mit dem selbstverfassten Song „Bella Musica“.
Heino trat nie wieder zum „Grand Prix der Volksmusik“ an und auch andere Etablierte waren zögerlich – ganz ähnlich wie beim Eurovision Song Contest. Und ähnlich wie dort hatten die Deutschen einen schweren Stand beim durchgängig deutschsprachigen Pendant: Nur fünfmal war die Siegerflagge schwarz-rot-gold, siebenmal gewann Österreich, achtmal die Schweiz. Selbst Südtirol, seit 2000 dabei, schaffte schon fünf Siege.
Mit der Auflösung der DDR war 1989 bereits ein besonders großes Fanpotential nebst neuer Künstlergarde hin¬ugekommen. So gewann die 13-jährige Stefanie Hertel aus Sachsen 1992 den „Grand Prix der Volksmusik“ mit dem Titel „Über jedes Bacherl geht a Brückerl“. Der Grand Prix wurde für sie ebenso zum Sprungbrett in die große Karriere, wie für das „Original Naabtal-Duo“, für Stefan Mross oder die Kastelruther Spatzen.
Die populärsten Moderatoren volkstümlicher Sendungen in Deutschland, der Schweiz und Österreich nahmen Beierleins Angebot, den „Grand Prix der Volksmusik“ und zwar sowohl die Vorausscheidung im eigenen Land, als auch im Finale, zu moderieren, als Auszeichnung und Ehre an: Karl Moik für Österreich, Carolin Reiber für Deutschland und Sepp Trütsch für die Schweiz.
Das eine Mal, in dem das Finale aus Südtirol kam, wurde von einem höchst attraktiven Duo moderiert, nämlich Carolin Reiber und Norbert Rier, dem Chef der berühmtesten Südtiroler-Volksmusikgruppe „Kastelruther Spatzen“.
Der erste „Grand Prix der Volksmusik“ hatte seine Premiere 1986 in Wien, der 25. und letzte wurde 2010 ebenfalls in Wien gefeiert. Es gewann das deutsche Duo Belsy und Florian Fesl.




Carolin Reiber moderierte von 1986-99