Liedercircus: Ein Eldorado der Liedermacher
In den Siebziger Jahren hatte der deutsche Schlager seine Blütezeit. Im Fernsehen entging niemand Jürgen Marcus, Manuela und Tony Marshall. Es gab die ZDF-Hitparade, Ilja Richters „Disco“, Rainer Holbes „Starparade“ und etliches mehr. Für die damaligen Spezies von montana-Chef Hans R. Beierlein war in diesen Shows kein Mikrofon frei. Seinen französischen Künstlern – Gilbert Bécaud, Adamo, Michel Sardou, Dalida – fehlte auf beiden deutschen Kanälen die Plattform.
In ZDF-Redakteur Gerd Bauer (Beierlein: „Einer der Besten“) fand der Manager 1976 einen Partner mit offenem Ohr und Sinn für die unplatten Texte der Chansonniers. Gemeinsam erfanden sie den „Liedercircus“. Natürlich sollten dort auch deutschsprachige Künstler auftreten, die mit ihren Liedern etwas zu sagen hatten – wie Reinhard Mey, Klaus Hoffmann, André Heller. „Vor allem aber“, sagte Beierlein, „hatte ich das Ziel, französischen Sängern große Auftritte zu garantieren.“
Als Moderator schlug er einen Künstler vor, der in Udo Jürgens Musical „Helden, Helden“ die Hauptrolle gespielt hatte: Michael Heltau, ein Ingolstädter, der in Österreich aufgewachsen war und bei den Salzburger Festspielen genauso brillierte wie am Wiener Burgtheater. Er war die Idealbesetzung, konnte er doch auch als Interpret auftreten. Heltau sang die Lieder des belgischen Chanson-Königs Jacques Brel, brillant eingedeutscht von Kabarettist Werner Schneyder.
„Die Bar des Bayerischen Hofs in München war damals das Zentralorgan der französischen Chansonszene“, erinnerte sich Beierlein gern an eine „wunderbare Zeit“. Über sechzig Sendungen wurden zwischen 1976 und 1985 produziert. Als Heltau wegen Theaterverpflichtungen die Termine zu eng wurden, übernahm Helga Guitton, Chefsprecherin des Musiksenders Radio Luxemburg, einige „Liedercircus“-Moderationen.
montana-Geschäftsführerin Bizzi Nießlein versucht seit Jahren, den Zirkus wieder aufzusperren – kein TV-Redakteur hat jedoch den Mut. „Dabei ist das ein Format, das viele Zuschauer vermissen“, sagt sie.

Liedercircus-Chef Michael Heltau

Chanson-Gott Jacques Brel

Häufiger Gast: Gilbert Bécaud